Globale Initiative zum humanitären Völkerrecht: Häufig gestellte Fragen
Am 27. September 2024 brachten Brasilien, China, Frankreich, Jordanien, Kasachstan und Südafrika gemeinsam mit dem IKRK eine globale Initiative auf den Weg, um dem politischen Engagement für das humanitäre Völkerrecht (HVR) neuen Schwung zu verleihen.
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Das übergeordnete Ziel der Initiative besteht in erster Linie darin, das HVR auf globaler, nationaler und regionaler Ebene zu einer politischen Priorität zu machen. Zweitens soll die Debatte über bewaffnete Konflikte wieder auf die dringende Notwendigkeit gelenkt werden, dass die internationale Gemeinschaft ihre Erwartungen an die Konfliktparteien hinsichtlich der universellen, systematischen und wortgetreuen Anwendung des HVR erhöhen muss und drittens soll ein Prozess angestossen werden, um die Herausforderungen rund um spezifische HVR-Probleme wie die Verhinderung von Verstössen oder Regeln zur Kriegsführung zu diskutieren, damit klare Empfehlungen zum Umgang damit abgegeben werden können.
Aus der Initiative werden konkrete und praktische Empfehlungen hervorgehen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Die Arbeit wird mit einem bedeutenden Treffen zur Wahrung der Menschlichkeit im Krieg Ende 2026 abgeschlossen.
Dieses Jahr wurde das 75-Jahr-Jubiläum der Annahme der Genfer Abkommen gefeiert. Sie wurden von allen Staaten ratifiziert und haben gemeinsam mit dem HVR im Allgemeinen über die Jahrzehnte hinweg bewiesen, dass sie Millionen von Leben retten können, wenn sie eingehalten werden. Dennoch verursachen anhaltende bewaffnete Konflikte katastrophales menschliches Leid und Vertreibungen. Verstösse gegen grundlegende Regeln sind weiterhin ein ernsthaftes Problem.
Heute haben viele das Gefühl, dass das HVR an einem Scheideweg steht: Die Herausforderungen wachsen und die Welt muss entscheiden, ob sie sich weiterhin dezidiert und wirksam für die Einhaltung des HVR einsetzen möchte. Diese Initiative, die von sechs Staaten aus der ganzen Welt auf den Weg gebracht wurde und alle Staaten zu einer Beteiligung auffordert, möchte einen starken Impuls verleihen, um Hoffnung zurückzubringen und die Lethargie zu bekämpfen, denn die Missachtung des HVR ist nicht unvermeidbar. Sie kann – und muss – überwunden werden.
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Die Initiative soll sich aus verschiedenen parallelen Teilprojekten zusammensetzen. Im Rahmen dieser Teilprojekte werden spezifische Bereiche des HVR behandelt, in denen grundlegende Überlegungen und dringender Handlungsbedarf erforderlich sind. Sie werden Konsultationen mit Staaten und Fachleuten beinhalten.
Aus der Initiative werden konkrete und praktische Empfehlungen hervorgehen, um diesen Herausforderungen zu begegnen.
Jedes Teilprojekt wird Ergebnisse liefern, die gemeinsam mit den beteiligten Staaten erarbeitet werden.
Um die Konsultationen durchzuführen, wird das IKRK Arbeitsgruppen einsetzen. Sie werden Staaten und gegebenenfalls andere Interessenträger wie militärische Akteure, nationale Gesellschaften, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler usw. umfassen.
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Zurzeit besteht die Absicht darin, im Rahmen der Teilprojekte humanitäre Themen zu behandeln, die in modernen Konflikten erhebliche Bedenken aufwerfen. Dazu gehören: neuer Anstoss des politischen Engagements für das HVR; bessere Verhinderung von Verstössen (d.h. Verbesserung der Umsetzung des HVR), Schutz von zivilen Objekten und Infrastruktur, neue Technologien, Schutz von medizinischem Personal und Gesundheitsdiensten, Beitrag des HVR zum Frieden, Herausforderungen der modernen Seekriegsführung.
Es gibt zahlreiche Bereiche, in denen mehr für die Einhaltung des HVR unternommen werden kann, doch ist es wichtig, Prioritäten zu setzen, um in der vorgegebenen Zeit entscheidende Fortschritte zu erzielen. Nach dem Treffen hochrangiger Vertreter zur Wahrung der Menschlichkeit im Krieg im Jahr 2026 können zusätzliche Teilprojekte ins Auge gefasst werden.
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Bei der Initiative geht es nicht darum, ein neues Abkommen oder einen neuen Mechanismus zu entwickeln. Ihre Hauptziele sind die Verhinderung von Verstössen gegen das HVR und der Anstoss stabilerer Umsetzungsbemühungen. Diesbezüglich sind die Klarstellung des HVR und die Identifizierung bewährter Vorgehensweisen zentral, um eine bessere Einhaltung der Bestimmungen zu erreichen.
Dieser Fokus ist nicht neu. Das IKRK ist ständig bemüht, die Umsetzung des HVR zu verbessern und Verstösse dagegen zu verhindern. Mit der Initiative sollen diese Bemühungen gestärkt werden, indem der politische Wille und die Entschlossenheit von Staaten und anderen Partnern genutzt werden, um mehr zu unternehmen und die Einhaltung des HVR wieder ganz oben auf die Agenda zu setzen.
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Die Konflikte der letzten Jahre haben das HVR stark ins Rampenlicht gerückt. Die Initiative steht nicht im Zusammenhang mit einem besonderen Konflikt. Es gibt in vielen bewaffneten Konflikten wiederkehrende Muster von Verstössen. Wir begrüssen jegliche Bemühungen zur Verbesserung der Einhaltung des HVR.
Die Initiative steht in keinem Zusammenhang mit einer anderen Konferenz oder Initiative, die vorgeschlagen oder organisiert werden könnte. Sie soll keine Einmischung in bereits bestehende Plattformen oder Formate/Prozesse darstellen.
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Die sechs Staaten waren der Ansicht, dass die aktuelle Weltlage ein starkes Engagement für das humanitäre Völkerrecht erfordert und beschlossen, mit dem IKRK zusammenzuspannen und die gesamte internationale Gemeinschaft einzuladen, auf einen besseren Schutz im Rahmen von bewaffneten Konflikten hinzuarbeiten. Sie vertreten verschiedene Regionen der Welt und sind Mitglieder zahlreicher regionaler oder internationaler Gruppierungen und Organisationen.
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Alle Staaten werden aufgefordert, sich an der Initiative zu beteiligen. Das HVR ist universell und die Hoffnung besteht darin, dass die gesamte internationale Gemeinschaft zusammenkommen und ihr Engagement für die Regeln und Grundsätze des HVR bekräftigen wird. Die Staaten, welche die Initiative auf den Weg gebracht haben, werden eine wichtige Rolle dabei spielen, andere interessierte Staaten einzubinden, Interesse an der Initiative zu wecken und für eine aktive Beteiligung zu werben.
Interessierte Staaten können ihre Bereitschaft zur Unterstützung und Beteiligung an der Initiative anmelden, indem sie die IKRK-Delegation in ihrer Nähe über ihre Hauptstadt oder den IKRK-Sitz direkt über ihre ständige Vertretung in Genf kontaktieren. Die interessierten Staaten können sich an den Konsultationen und den verschiedenen Teilprojekten beteiligen. Für die Teilnahme an der Initiative wird von den Staaten keine finanzielle Beteiligung verlangt.
Sie können auch ein E-Mail an folgende Adresse senden: IHLinitiative@icrc.org.
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Das IKRK ist damit beauftragt, sich für die wortgetreue Anwendung des HVR, das Verständnis und die Verbreitung des Wissens über das HVR einzusetzen und Entwicklungen des HVR vorzubereiten. Im Laufe seiner gesamten Geschichte hat das IKRK Initiativen auf den Weg gebracht, um das HVR zu stärken. Diese Initiative ist eine weitere von sechs Staaten gemeinsam mit dem IKRK angestrengte Bemühung, die auf der Feststellung beruht, dass mehr unternommen werden muss, um die Einhaltung des HVR zu verbessern und Gewalt zu verhindern.
Das IKRK wird die Konsultationen mit der Unterstützung von Staaten und anderen Partnern wie wissenschaftlichen Einrichtungen organisieren. Das IKRK wird zudem rechtliche und technische Beratung bereitstellen.
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Die nationalen Gesellschaften spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung des HVR und müssen gemeinsam mit ihren Regierungen für seine Einhaltung sorgen. Das IKRK hofft, dass nationale Gesellschaften und ihre Föderation die Initiative unterstützen werden und wird ihr Engagement im Prozess erleichtern.
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Im Zukunftspakt haben sich die Staaten dazu verpflichtet, alle Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten zu schützen und haben entsprechende Schritte vereinbart. Wir hoffen, dass die Initiative zu diesem Ziel beitragen wird und sehen sie als Ergänzung zu Bemühungen, die zur Unterstützung des Pakts unternommen werden.
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Die Initiative ist von der internationalen Konferenz unabhängig. Die Internationale Konferenz des Roten Kreuzes und Roten Halbmonds wird alle vier Jahre ausgerichtet. Sie bringt die Teile der Bewegung (IKRK, IFRC und die nationalen Rotkreuz- und Rothabmondgesellschaften) und die Vertragsparteien der Genfer Abkommen zusammen, um humanitäre Angelegenheiten zu besprechen. Die Initiative baut natürlich auf die zahlreichen Diskussionen und Ergebnisse auf, die im Laufe der Zeit bei der internationalen Konferenz mit Staaten, nationalen Gesellschaften und der IFRC geführt und erzielt wurden.
Bei der 34. internationalen Konferenz im Oktober werden wichtige Diskussionen zum HVR geführt. Das IKRK legt grossen Wert auf die Resolutionen zum HVR, die bei der diesjährigen Konferenz im Vordergrund stehen werden. Sie heben deutlich hervor, wie dringend es ist, auf eine bessere Einhaltung des HVR hinzuarbeiten.
Die Initiative läuft parallel zu dieser Arbeit und schlägt weitere Wege vor, wie Staaten sich für das HVR einsetzen können.
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Die Initiative läuft während zwei Jahren, beginnt Ende September 2024 und wird mit einem wichtigen Treffen hochrangiger Vertreter zur Währung der Menschlichkeit im Krieg Ende 2026 abgeschlossen.